Sonntag, 24. April 2016

die dritte Woche - Litauen, Lettland

 +++Alytus+++Vilnius+++Siauliai+++Riga+++

Auf der einen Seite war ich ja froh endlich Polen zu verlassen. Es ist ein Zeichen,
dass es voran geht und außerdem war ich noch nie im Baltikum.
Auf der anderen Seite wäre ich gerne noch weiter in Polen gefahren. Die Strecken sind super, die Autofahrer rücksichtsvoll und unaufdringlich- anders als erwartet und schließlich könnte ich schon ein paar Phrasen auf polnisch, die ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit anwendete.

Mein erstes Ziel in Litauen sollte Wilna sein.
Hier gibt es nen Händler von Navigationsgeräten, wo ich mir Nachschub holen wollte.


Bis jetzt habe ich nie Musik beim Radfahren gehört. Das hat zur Folge, das man zum Opfer von ganz, ganz schlimmen Ohrwürmer wirde (Echt-du trägst keine Liebe in dir, Pussycat Dolls-Don't cha und dem Inspector Gadget Titelsong um nur einige ganz merkwürdige zu nennen). Lieder die man sich nicht ohne Androhung harter Strafen ernsthaft anhören würde.
Woher kommt den sowas?
Auf jeden Fall habe ich dem entgegen gesteuert, indem ich mir einige Folgen der Hörspielserie "Offenbarung 23" gab. Dort geht es um Verschwörungstheorien.
Angefixt davon wurde mir in Wilna einiges klar. Überall diese Symbole:
Wilna ist in Illuminatenhand!

Außerhalb dieses Wahnes schaffte ich es mir nen paar Museen und Kirchen anzusehen. Super interessant sind die öffentlichen Busse, die mit Strom betrieben werden.


Der beste Ort Leute kennen zu lernen sind Hostelküchen.
Schade nur, dass in meiner Hostelküche gerade Markus aus Deutschland einen nicht enden wollenden Monolog über die Welt und wie man sie versteht, halten musste.
Markus, vielleicht 24, ein Typ wie ein Milchbrötchen, war mit seiner Theatergruppe in Wilna um dort 'Workshops' zu geben. Scheiße - und ich saß mit einem Mal im Publikum, während er nen Handstand in der Küche machte und uns minutenlang eine Szene aus einem Stück mit dem zweifelnden Mohammed vorspielte.
Um mich abzugrenzen schaute ich abwechselnd aus dem Fenster oder spielte mit dem Handy.
So ne Typen- ne Hostelküche als große Bühne verstehen und bei Activity verliehren sie trotzdem.
...

Weiter ging es in Richtung Riga.
Die drei Feinde des Radfahrers sind
    I. schlechte Wege
   II. Gegenwind
  III. Regen
Litauen setzt mit regelmäßigen Hagelschauern noch einen drauf.

Auf jeden Fall musste ich mal wieder feststellen, dass sich mein alter Herr tüchtig geirrt hatte.
Im letzten Herbst prophezeite er mir noch:
"Nen halbes Jahr mit dem Rad?!?!?- Da halt ich nichts von!
Und außerdem verlierst du SPÄTESTENS nach zwei Wochen wieder dein Portemonnaie!..."
Nun... es waren fast drei Wochen als ich mich dabei erwischte, wie ich voller Panik zum dritten mal den kompletten Inhalt meiner Packtaschen im Zelt breit schmiss um mein Geld zu suchen. Das letzte Mal hatte ich es in einem kleinen Geschäft, 20 km vom Zeltplatz verwendet. Also hab ich das mal flux abgecheckt - erfolglos. 
Zum Glück hatte ich in meinem Geldbeutel nen paar meiner feschen Visitenkarten. Mit Telefonnummer. Hier bekam ich auch ne Nachricht, das es gefunden ist und ich es abholen kann.
Ich verlor es aus der Tasche nach dem Einkauf. Es lag auf der Straße und wurde die ganze Nacht über von den vorüber fahrenden Autos glatt gebügelt. Am nächsten Morgen fand es die Sekundarschullehrerin Rita, die mich informierte. Ich holte es in der Schule ab. Musste ins Lehrerzimmer und Platz nehmen. Sie hatte sich vorbereitet. Auf ihrem Schreibtisch lagen Notizen in Deutsch und Google.translator war noch auf dem Monitor offen. Im Frontalunterricht erklärte sie mir, dass sie das Portemonnaie 1 km hinter dem Ortsausgangschild gegen 7:30 Uhr gefunden hat ( ... wahrscheinlich Mathelehrerin...)
Und das alle Karten außer Personalausweis und Führerschein zerbrochen sind.
Ich hab mich natürlich tierisch gefreut über mein Glück und hab ihr zum Dank solch eine
fesche und frisch gebügelte Visitenkarte geschenkt.
Tja Lo - da is wohl ne Entschuldigung fällig!


Campen und Radfahren
Typische Höfe in Litauen

Ein absolutes Highlight zwischen Wilna und Riga ist der "Berg der Kreuze". Tausende von Kreuzen, Kruzifixen, Rosengränzen und anderen religiösen Gegenständen befinden sich hier.
Am Sightseeing Shop- an dem man auch Kreuze kaufen kan,n um sie 100m weiter in die Er zu stecken, traf ich einen Zahnarzt aus Heidelberg. Er war mit nem Reisebus unterwegs um das Baltikum abzuklappern.
"Das darf man ja nicht so laut sagen..." flüsterte er,
"... aber der ganze Bus is voll mit Ossis! Die haben halt nen unwahrscheinlichen Nachholbedarf!"
Hatte der meinen Dialekt nicht bemerkt?


Gestern Abend bin ich nun endlich in Riga angekommen. Nachdem ich die Tage zuvor immer einen großen Bogen um die Schnellstraßen geschlagen habe, bin ich gestern einfach drauf los. Die A8 immer schnurgerade nach Norden.

Ich freue mich weiterhin über News aus der Heimat.
Bis bald
Christian

Sonntag, 17. April 2016

die zweite Woche

+++Warschau+++Pisz+++Reszel+++Ketrzyn+++Gizycko+++Dreländereck (PL, LT, RUS)+++

So, die zweite Woche ist rum! Danke für eure Nachrichten und Kommentare. Mir geht's ganz gut. Das Radeln fällt mir leichter und macht mir noch Spaß. Ich versuche relativ wenig zu planen und entscheide meist erst nachmittags wo ich schlafen will.
Gerade bin ich 5 km von Russland und 5 km von Litauen entfernt. Am Dreiländereck.
Hier ist noch keine Saison, deswegen gibt es auch keine freien Zimmer. Mit meinem Dackelblick könnte ich jemanden überzeugen und schlafe heute in seiner Saunahütte direkt am See.
Letzten Samstag bin ich n Warschau angekommen und hatte keine Lust auf den Trubel des Abends. Also kaufte ich mir ein Bier und setze mich ans Ufer der Weichsel. Nach ner Weile merkte ich wie sich hinter mir vorsichtig zwei Leute näherten.
„Ist alles ok mit dir?“ - „Ja“
„Du sitz hier ganz alleine…“ – „ Ja“
„…willst du dich etwa umbringen?“ – Oh mein Gott! Was war da los?
Entweder ich sah nach einer Woche Radfahren schon so runtergerockt aus, oder die hatten eindeutig zu oft Titanic geschaut.
Am Ende tranken wir gemeinsam und ich erhielt Touritips für Warschau.

Ich schaute mir ziemlich viele Museen an – Warschauer Ghetto, Geschichte der Juden und zweiter Weltkrieg war vorherrschend. Die haben früher ganz schön gewütet. Deshalb habe ich versucht mich nicht als Deutscher erkennen zu geben.
Auch der jüdische Friedhof ist echt sehenswert.

Der Marktplatz ist echt schön. Schade nur das hier kein Haus älter als 60 Jahre ist. Warschau war nach Kriegsende total zerstört.
Hier versammelten sich diesen Tag viele Leute mit polnischen Flaggen und weiß-roten Armbinden, die über ner schwarzen Jacke echt fiese Assoziationen wecken.
POLgida, oder was?
Allerdings war es nur der Jahrestag als Präsident Kaczynskis Maschine über Smolensk abgeraucht ist.

Nach dem Touriprogramm wollte ich in die Masuren. Hier verließen mich an einem Tag mein Smartphone und mein Navi.
Ich hätte im Strahl kotzen können.
OK das Smartphone war eh alt. Da hab ich mir gleich nen besseres geschossen, aber das Navi…?
Der Typ vom Garmin Service bot mit an:
„Sie können gern das Gerät zur Reparatur schicken, wir überprüfen das dann und senden ihnen ein Neues zu. Aber nur an eine Adresse in Deutschland. Achso und es dauert mindestens 10 Tage. Ohne Garantie versteht sich!“
Ist der Support bei Navigationssystemen immer so schlecht?😉
Egal, jetzt habe ich mich damit abgefunden noch ein zweites Navi auftreiben zu müssen und schlafe nun lieber in Saunahütten als im Hotel.
In meinem Hotel traf ich Tomek. Er stellt Blumentöpfe her und verkauft diese.
Wir haben nen paar Bier getrunken und viel gequatscht. Beim letzen Schluck ging es über unsere Heimat. Ich erzählte ihm von der hohen Arbeitslosigkeit im wunderschönen Mansfelder Land und das die Rechten Parteien viel Zuspruch erhalten.
Er: „Findest du das jetzt gut, oder schlecht?“
„Na Scheiße find ich das!“
… langes Schweigen….
„Wir haben uns heute gut verstanden- lass uns nicht über Politik reden!“

Die Masuren sind echt großartig.. alte Häuser… alte Kirchen… viele Seen… viele scheue Tiere. Allerdings sind mir doch ein paar Aufnahmen gelungen:

Tatsächlich hab ich auch ein lebendiges Reh gesehen.
Mehr oder weniger lebendig.
Es hatte keine Scheu mehr, so dass ich mich auf Armlänge nähern konnte. Streicheln hab ich mich nicht getraut, denn seid ‚Black Sheep' wissen wir, dass auch so harmose Tiere austicken können.

An der bekanntesten Kirche der Masuren ‚Heilige Linde' traf ich einen älteren Herrn.
Ihn hat es nicht interessiert, dass ich nicht polnisch spreche – er wollte nur sagen was gesagt werden muss!!!
Und ich hab ihn sogar verstanden.
Nämlich das es schwul ist solche Tunnel in den Ohren zu haben. Der einzige Schmuck den man als Mann trägt, ist gefälligst ein Ehering! Ohne den hat man auch schlechte Karten beim Herrgott!
Er ging und drehte sich dann noch ein paarmal, seine Aussage bekräftigend, um.
Tja. ‚Again what learned.' – würd ich mal sagen.

Morgen geht’s nach Litauen!
Ich hoffe euch geht’s allen gut.
Haltet mich auf dem Laufenden.

Christian

Sonntag, 10. April 2016

die erste Woche

+++Slubice++++Schwiebus++++Posen++++Konin++++Lowic++++Warschau++

Sooooo, die erste Woche ist rum. Oder wir man unter Radfahren sagt: "eine Sockenwechselperiode". Ich hab mir auch überlegt genau in dieser Sockenwechselperiode etwas auf meinen Blog zu veröffentlichen.
Vielen lieben Dank für all die Nachrichten, Kommentare und Mails. Ich freue mich ziemlich darüber.
Weiterhin bin ich per WhatsApp auf jeden Fall noch bis Anfang Mai über meine alte Nummer erreichbar.

Mit geht's soweit ganz gut. Ich bin gestern in Warschau angekommen. Ich fahre am Tag so um die 100 km und schlafe dann meist in nem kleinen Hotel, Hostel, oder campe.

In Slubice hab ich mit vorher das günstigste Hotel rausgesucht. 20 Euro die Nacht,  ohne mir die Beschreibung durchzulesen. Ohne zu wissen wer da auf mich wartet. Das Hotel war nen Rohbau - ich als einzigster Gast.
" ...als einzigster Mensch!" so der Pfarrer, der mir meinen Raum zeigte.
"Aber keine Angst - Jesus beschützt dich!"
Damit meinte er die fünf Stockwerke hohe Figur neben meinen Fenster. Wenigstens wars so eine König-Jesus-Figur und nicht so ein gruseliger Ich-habe-Nägel-in-den-Händen-und-mir-läuft-Blut-aus-den-Augen-Jesus wie der der diese Nacht dann über meinem Bett hing.

Mampi - not bigger than Jesus - not yet
Der nächste Stop war Posen, die frühere Hauptstadt Polens. Um nen paar Leute kennen zu lernen buchte ich ein Bett im 6-Mann-Zimmer in denen ich zwei Nächte alleine schlief.
An der Rezeption wurde ich begrüßt mit:
"Oh you are by bike! You have to lock it everywhere. Remember- you are in POLAND!"
... na wenn er es sagt....

Posen ist ganz nett- kann man sich mal anschauen.
Auf dem Weg nach Konin hatte ich meinen ersten Platten. Von wegen - unplattbar!
Ich rollte gerade auf eine Kreuzung zu an der schon zwei Mädels standen.
'...dass die nicht frieren? Aber die kommen bestimmt gleich ins Schwitzen, wenn die schön beim Schlauch wechseln helfen!'
Stattdessen ließen die sich andauernd von irgendwelchen Kerlen im Auto rumfahren. So ne Angeber!
Fotos hab ich nicht gemacht. Seitdem ich mit ansehen musste, wie meine Klassenkameradin durch die Gassen von Amsterdam gejagt wurde, weil sie ein paar Schaufenster fotografierte, weiß ich: Fotografiere nie eine Prostitute!!

Mensch und Maschine passen sich langsam der Tour an. Nachdem ich meine Wunden pflege und mir jetzt tatsächlich so ne alberne Radhose mit extra dickem Zwickel 😉 gekauft habe, fällt mein Rad zusehends auseinander. Gestern brach mir die Halterung des Gepäckträger. Aber - trust me, I'm an engineer - hab ich das mit schönem gelben Spanngurte wieder zusammengefrickelt.
Sag nochmal einer: "Die 17 Semester haben sich nicht gelohnt!."
Gegen Abend fand ich sogar noch eine Werkstatt die mir diese Halterung wechselten,  mir noch eine als Ersatz mitgaben und das alles für lau. Der Welpenschutz funktioniert noch.

Auf der Tour gestern hatte ich ziemlichen Wind - Ostwind! Is nen bisschen blöd bei nem Schlenker nach Osten.
Der Fahnen-Lappen weht nach Westen.
Trotzdem bin ich gegen Abend im Hostel angekommen und hab mir noch ein wenig die Stadt angesehen.



Sonntag, 3. April 2016

Abschied

Drei Fenster zersprangen als der Startschuss durch den Weddinger Hinterhof hallte. Der Startschuss für meine Reise - den Schlenker nach Osten.Vorangegangen war dem eine Phase des Abschieds. Von meiner Familie, meinen besten Freunden und meinen Kollegen. Meine Familie schenkte mir einige gute Ratschläge, wie

'Also ich würde das ja nicht machen' (meine Oma)
...und...
'Junge, sei vernünftig! Denke auch daran was alles passieren kann! Nimm Flickzeug mit!!!' (mein Opa). 

Außerdem bekam ich einige Glücksbringer die jetzt am Rad rumläuten.
Freitag zur Abschiedsparty wurde ich mit Musik, Kleidung und Powerkirschen eingedeckt.
Buschi? Wo war eigentlich dein Geschenk?

Nickie baute mir ein super Abschiedsvideo, das, wenn man den Nachrufcharakter ausblendet, ziemlich lustig ist.


Schöne wars mit euch. Ihr werdet mit fehlen!



Partyreste
Mampi verabschiedet sich von Berlin

Der Abschieds-Fahnen-Lappen meiner Freunde

Ich