Dienstag, 30. August 2016

Das Geheimnis Pakistans

+++Abottabad+++Islamabad+++Gujranwala+++Lahore+++


Das Alien ist immer noch unterwegs in Pakistan.
Perfiderweise hab ich jetzt Strategien entwickelt, um weiterhin in Ruhe radeln zu können. Ich vermeide Blickkontakt, der Gesprächsbereitschaft signalisieren könnte, meide überfüllte Plätze und stelle immer gleich klar:
"Ich spreche kein Urdu!" - die Landessprache Pakistans.
Das hilft so mäßig.
Außerdem heiße ich jetzt immer Alex - um nicht sofort in die Diskussion kommen:
"Ah du heißt Christian - bist du auch Christ?"
Und meine Radtour führt mich nur von Islamabad nach New Delhi - ne 14 Tage Tour. Das wirkt weniger interessant, bilde ich mir ein. Auch gebe ich meine WhatsApp Nummer oder meinen Facebook-Kontakt nicht mehr raus. Zumindest nicht den richtigen.
Eines Abends, ich war froh einen einigermaßen blickdichten Zeltplatz gefunden zu haben, löschte ich immer das Licht bei herannahenden Fahrzeugen und verhielt mich schaurig. Zelte ich allein bin ich immer übervorsichtig. Ich habe keine Lust auf Leute zu treffen, die einen die ganze Nacht belagern und ihren Freunden vielleicht noch ihre Entdeckung zeigen wollen. Vor allem, weil man so eine Situation nur aussitzen kann. Zelt wieder abbauen und flüchten ist keine Alternative.
Ich harre also in meinem Zelt, auf jedes Geräusch achtend, als plötzlich mein Handy klingelt.
Irgendein Pakistani, dem ich meine Nummer gab. Ich kann mich nicht mehr erinnern und gehe nicht ran.
Er schreibt mir daraufhin:
"Hey... Hallo... ich kann dich sehen!"
Super gruselig!

Trotzdem halten immernoch viele Motorradfahrer neben mir und quatschen mich voll. Auch egal, ob sie mir dabei so nahe kommen, das sich ihre Fussrasten in meinen Speichern verfangen.
"Wo kommst du her?- Wo willst du hin?"
Einer war ein wenig kreativer.
Er fragte mich: "Willst du Sex?"
"Wie Bitte?"
"Ob du Sex wilst? - Ficken?"
Fährt der in seinem traditionellem Kostüm bekleidete Kerl neben mir und macht mir so ein Angebot! Groteske Situation. Ich musste laut lachen!
"Ich würde dich auch bezahlen!"
"Sieh zu dass du verschwindest!" gab ich zurück, ohne den Preis abzuwarten, der mich ehrlich gesagt schon interessiert hätte. Nicht dass sich meine Meinung geändert hätte, wäre nur interessant meinen Marktpreis zu wissen.
...
(Ich grinse gerade vor mich hin - weiß ich doch genau, das mein kleiner Cousin regelmäßig diesen Blog meinen Großeltern vorlesen muss. Und mein schwerhöriger Opa sagen wird:
"Was schreibt der Junge da?"
Cousin:"... ficken..."
"WAAAAAS?" ... an seinen Hörgeräten herumdokternd
"FICKEN, ...OPA... FICKKK- KENNNN..!")
...
Diese Begegnung öffnete mir allerdings die Augen. Jetzt verstehe ich, warum es soviele alleinreisende Jungsgruppen gibt. Kerle die Hand in Hand, oder auch eng umschlungen auf der Straße laufen. Die Komplimente über meine Augen und meine Ohrringe erscheinen mir jetzt in nem anderen Licht und jetzt bin ich mir auch ziemlich sicher, das es doch kein Übersetzungsfehler war, als der Straßenhändler mir hinterher rief
"I love you!"
Oh man. und ich fand es noch lustig als ich ihm keck mit "I love you too, babe." geantwortet habe. Wahrscheinlich ist es denn Männern hier einfach gelungen eine frauenlose Gesellschaft zu errichten.
Eine riesengroße Gay-Community.
...
(Opa: "Eine was?"
Cousin"...Gay-Community..."
"WAAAAS?"
"GAYYYY.... OPA.... DAS IST, WENN MAN SCHWUL IST!"
Spätestens an dieser Stelle werden bei den Nachbarn die Gardinen wackeln.)
...
Anfang der Woche verbrachte ich ein paar Tage in Islamabad. Ne ziemlich weitläufige Stadt, nur teilweise dicht besiedelt. Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Alles wirkt hier sehr sicher und beschützt. Viele Häuser haben ihre eigenen Wachposten. Egal ob Bank, Cafe oder Privatwohnung überall sitzen Sicherheitskräfte mit Schrotflinten davor. Auch gibt es zahlreiche fest installierte Polizeiposten auf den Straßen. Lustigerweise alle von Pepsi-Cola gesponsert.


So richtig war mit nicht klar was in Islamabad zu tun ist. Es gibt keine richtige Altstadt oder so. Also machte ich eine Werkstatt ausfindig, die diese wunderschönen pakistanischen Trucks bemalt und vertraute diesen mein Rad an.
- "pimp my bike" - Ich bin immer noch ziemlich glücklich über das Ergebnis. Ich finde es echt gelungen.

Um noch ein wenig Kultur in dieser Hauptstadt aufzuschnappen besuchte ich die größte Moschee Pakistans - die Fasil Mosque. Eher an ein übergroßes Schwimmbad erinnernd kann in mir nicht so richtig Ehrfurcht für dieses wichtige Gebäude auf.
Irgendwo trieb ich dann noch ein Naturkundemuseum auf.
Das war weniger informativ aber sau gruselig!

Die letzte Etappe in Pakistan führte mich nach Lahore.
Langsam merke ich dass ich in Südasien angekommen bin. nicht nur die vielen Rikschaas die sich durch die engen Gassen des Hauses quälen, auch die Natur ändert sich. Palmen stehen am Wegesrand und Geckos krabbeln an den Gemäuern.
Die riesigen Wasserbüffel sind allerdings mein Favorit. Fett wie Nilpferde und mit ihren Hörnern, die an BWL-Studenten im dritten Semester erinnern, stehen sie im Sumpf und beobachten dich. Ihre Augen sehen nicht so treudoof aus wie bei Kühen- sie haben etwas wildes, etwas katzenähnliches.

Beim Radeln hab ich jetzt ne neue Taktik, mit der ich noch schneller unterwegs bin.
Ist es mir zu anstrengend, geht's bergauf oder habe ich Gegenwind, so hänge ich mich einfach an einen der vorbeifahrenden Trucks und lasse mich einige Kilometer ziehen. Camouflage-mäßig verschmilzt ja jetzt mein Rad mit den Malereien auf den Trucks.

In Lahore traf ich auf Tahira, die mich in ihrer WG unterbrachte. Sie hatte auch gerade Besuch von Freundinnen aus Karachi, und so war es geritzt, das wir am nächsten Tag gemeinsam die Stadt besichtigen. Einige der Mädchen haben nen paar Jahre in den Staaten gelebt. Sie waren sehr aufgeschlossen, emanzipiert und selbstständig - entsprachen also so gar nicht dem typischen pakistanischem Frauenbild.
Vier unverschleierte Mädels und das weiße, blonde Alien ernteten nen Haufen Blicke.

Gemeinsam mit dem Bus zu fahren erklärt mit viel über die herrschenden Verhältnisse zwischen Mann und Frau. Die vorderen zehn Prozent des Busses sind für Frauen reserviert. Die Frauen haben ausreichend Platz, weil sie noch nicht einmal die zehn Prozent ausfüllen, während die Männer sich auf ihren Plätzen zusammenquetschen. Es ist aber nicht erlaubt, diese unsichtbare Grenzlinie zu überschreiten. An jeder Station stehen Sicherheitskräfte die das überwachen.
 ...
Das Wetter war diesig und passte somit zur Szenerie der Ruinen des Lahore-Forts. Alte Gemäuer die an mancher Stelle kunstvolle Strukturen offenbaren, lassen einen erahnen wie prunkvollen es hier zugegangen sein muss.



Unweit hierhin liegt der Rotlichtbezirk Lahores. Auf meine Frage, warum die Polizei das duldet, erklärte man mir, das Polizisten die häufigsten Kunden sind.
Die Tage in Pakistan sind nun gezählt.
Bald geht's nach Indien!

Dienstag, 23. August 2016

Ein Alien in Pakistan

+++Karimabad+++Rakaposhi Base-Camp+++Gilgit+++Naran+++Abottabad+++

Meine zweite Woche in Pakistan ist vorüber.
Die Leute sind wirklich erstaunlich. Viele Autos hupen und ich werde oft gefragt, wo ich herkomme, wo ich hinwill. Selfis werden geschossen und Tee angeboten.
Ständig.
Kurzum - ich bin genervt!
Mir ist bewusst, das das wirklich Meckern auf sehr hohem Niveau ist und ich höre schon meine Freunde lästern:
"Guck dir den Pamer an - der knaut rum, weil ihm die Leute zu FREUNDLICH sind!"
Vielleicht ist es auch so nen deutsches Ding, deren Prototyp ich manchmal bin, an allem rum zu nörgeln.
Mir scheißegal!
Am Grenzübergang zu Pakistan bekam ich ein Informationsblatt für ausländische Touristen. "Ausländer" wurde darauf mit "Alien" übersetzt. Jetzt weiß ich auch warum.
Wenn ich irgendwo Halt mache werde ich sofort belagert. Gehe ich in einen Kiosk, so füllt sich dieser binnen Minuten mit allen Kerlen aus der Umgebung. Auch in voller Fahrt versuchen die Männer - Frauen scheint es hier kaum zu geben - mit mir zu sprechen ohne sich auf den Verkehr konzentrieren. Mehr als einmal war das ziemlich brenzlig, da die Straße zu eng wurde.
Alle meinen es nur gut und wollen nur mein Bestes. Sie wissen auch was mein Bestes ist.
"Hey Mister! You need a rest!"
"Hey Mister! You need a tea!"
"Hey Mister! Stop for a chat!"
"Hey Mister! You should go that way!"
"Put your bike here!" - "Put your bike there!"
...
Ich ertappe mich dabei, wie ich meine Augen verdrehe, wenn ich bemerke, dass das Auto, welches sich von hinten nähert, plötzlich langsamer wird. Im nächsten Moment ist es auf meiner Höhe und zich gezückte Smartphones werden auf mich gerichtet.
Ungefragt.
Wie im Zoo.
Ich komm mit soviel Aufmerksamkeit nicht zurecht. Ich habe es satt hier das blasse blonde Alien zu sein. Mir ist klar, dass das ungerecht ist.
Vielleicht kommt das auch von ner Art Kulturschock, gepaart mit einem wenig Heimweh. Die Reise neigt sich dem Ende zu und ich bin in Gedanken oft in der Heimat.
...
Allerdings war es mir nur Dank der Offenheit der Pakistanis möglich, auch ein paar klasse Bekanntschaften zu machen, für die ich sehr dankbar bin.
Da waren die Jungs aus Karimabad, die ich zufällig in nem Hotel traf, als ich mich nach der Strecke zum Rakaposhi Base-Camp erkundigte.
"Wir wollen gerade los! Du kommst mit uns!"
Rakaposhi ist mit 7788m einer der höchsten Berge Pakistans und die höchste Erhebung der Erde mit 6000m- vom Fuß zum Gipfel des Berges gemessen. Zwei Stunden Fußmarsch vor dem Base-Camp schlugen wir unser Lager auf.

Alle in einem großen Zelt. Die Freunde sind sehr säkuläre Moslems und so saßen wir inmitten der einsamen Berge und ich konnte alle meine Fragen loswerden.
Super interessant.
Blasphemie, so erfuhr ich, ist das schlimmste Vergehen. Es wurden schon Leute gehängt, weil sie Allah verspotteten. Gut zu wissen, dass ich meine zynische Ader hier mal abschalte. In Pakistan herrschen zwei Gesetzgebung. Eine weltliche, die auf die Besetzung der Briten zurück zu führen ist und die muslimische Sharia, die allerdings nicht so streng wie in Saudi Arabien durchgesetzt wird. Auch ist es ratsam, wenn man nach der Religion gefragt wird, dass man mindestens sagt, man sei Christ. Als Muslim gebe ich eh nicht durch. Dank der Kreativität meiner Eltern bei der Namensgebung schon gar nicht. Also bin ich die nächsten zwei Wochen Christ und erzähle vom Weihnachtsfest und christlichen Werten. Christen scheinen mir sehr willkommen zu sein. Gilt doch auch Jesus als einer der zahlreichen Botschafter Gottes im muslimischen Glauben. Lieber Christ als Atheist - Ungläubigkeit ist nicht verständlich. Auf jeden Fall stelle ich klar, dass ich keiner dieser Juden bin. Die mag man nicht so. Schlimmer als Jude ist nur noch schwuler Jude.
Das ist nicht die Weltsicht meiner Freunde, sie erklären mir nur wie es in traditionellen Regionen Pakistans zugeht.
Apropos Jude:
"Das Ding mit dem Hitler- war das wirklich so schlecht? Was denken die Deutschen darüber, und hat er sich wirklich selbst umgebracht?" ...sind so einige Fragen die mir hier ständig gestellt werden.
Natürlich waren auch Mädchen nen Thema. Will man Sex, muss man vorher ein Mädchen heiraten. Davor geht man zu den Eltern des Mädchens und bittet um Erlaubnis. Nach der Hochzeit wohnt das Mädchen bei den Schwiegereltern. Klingt ziemlich fern für uns Europäer, allerdings war es in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit ja auch ähnlich. Ich wette in Teilen Bayerns ist das noch gang und gebe.
Auch erfuhr ich, das es einigen Eseln in Pakistan genau so ergeht wie in Kolumbien. Wahlweise auch Kühe oder Kamele.
"Siehst du wie verzweifelt die Leute sind!" lachte man mir zu.
...
Der nächste Tag - 14. August ist der pakistanische Unabhängigkeitskrieg. Da gibt es nix besseres als auf dem Gletscher am Base-Camp traditionelle Lieder zu singen und die Flagge zu schwenken.


Was für ein Ausblick. Riesige Schneemassen rollen in Zeitlupe den Berg hinunter. Man hört das Eis knacken und Steine fallen. Die Wildheit der Natur offenbart sich.

In Naran traf ich auch einige Kerle beim Abendbrot, mit denen ich eine ewige und gute Unterhaltung genoss. Natürlich gings auch um Hitler, aber Hauptthema waren die Regeln des Islams. Warum man kein Schweinefleisch essen sollte und wie man "halal" schlachtet.
"Meine Frau trägt ihr Kopftuch, weil sie das selbst will. Ich verbiete es ihr nicht, ohne Kopftuch herum zu laufen. Weißt du...." ... erklärte er mir...
"...eine Frau ist wie ein Schmuckstück das Respekt verdient. Man muss es vor neugierigen Blicken verhüllen. Außerdem schützt es vor Vergewaltigung."
Ich finde die Burka- Geschichte ja ganz geil. Hat so einen Schuluniform-Effekt. Nach dem Motto: Alle Menschen sind gleich!.... und.... Urteile nicht nach Äußerlichkeiten! ... Irgendwie edel. Wenn ich was zu sagen hätte, gäbe es in Deutschland Burkapflicht für alle! Auch für Männer.

Viele Leute freuen sich mich zu sehen und reden gern mit mir. Ihnen ist es wichtig, das ich mich sicher fühle, denn sie wissen, welches Image Pakistan in Europa hat. Ihnen ist es wichtig, dass Touristen in ihr Land kommen.

Auch die Polizei und die Anti-Terror- Einheiten, deren Checkpoints ich regelmäßig passiere achten auf meine Sicherheit. Zwischen den Städten Chillas und Naran ließen sie mich nicht allein fahren.
"Zu steil ist der Anstieg!" war ihre Begründung.
Mein Rad würde also kurzerhand auf eines dieser wunderschön bemalten Trucks verfrachtet. Am nächsten Checkpoint sagte mir ein Cop:
"Bis Naran bleibst du auf dem LKW. Es ist zu gefährlich. Hier gibt es Feinde." Nicht, das ich mich jemals unwohl gefühlt habe. Die Pakistanies versuchen nur 150%ig sicher zu gehen, das keinem Touristen etwas geschieht.

Samstag machte ich Rast in einem Cafe. Genervt von der Belagerung der Dorfjugend fuhr ich aus dem Dorf und verlagerte meine Pause an den Straßenrand. Ein Pickup mit Polizisten hielt neben mir. Was ich mache? Ob das Rad in Ordnung sei?
"Jaja! Alles klar! Ich mach nur eine Pause!"
"Wir werden dich bis zum nächsten Checkpoint begleiten!"
"Ok, ich bin aber langsam."
"Das macht nix."
Nach fünf Minuten war ihre Geduld am Ende.
"Das ist Zeitverschwendung. Wir laden dich auf den Pickup."
Am nächsten Checkpoint traf ich auf zwei Polizisten, die sich eine kleine 70 ccm Honda teilten.
"Wir fahren jetzt hinter dir her."
"Oh. Vielen Dank für Ihren Schutz!..." log ich ziemlich genervt. "...Warum ist das denn nötig?"
...kurze Beratung der Beiden...
"Das ist nicht nötig, wir mögen aber Touristen!" schwindelte er zurück.
15 km später war alles vorbei und ich durfte wieder allein weiter.

Ein Highlight dieser Woche war der Nanga Parbat. Der neunthöchste Berg der Welt mit 8125 m und somit auch der erste 8000 er den ich jeh gesehen habe. Allerdings war es ein wenig wolkig und ich konnte nur ein paar Blicke auf dem Berg erhaschen auf dem Reinhold Messner seinen Bruder im Stich gelassen hat.
Der nächste Halt ist Islamabad.
Inschallah.

Sonntag, 21. August 2016

Auf dem Karakorum-Highway

+++Kashgar+++Tshkurgan+++ Grenzübergang Pakistan+++Sost+++Karimabad+++
Die Tage in Kashgar gingen langsam zu Ende.
Vielleicht auch ganz gut so. Der nächtliche food-market ist echt mein Untergang. Soviele leckere Sachen lassen mich mehr und mehr Gewicht ansetzen und bringen mir Bauchschmerzen in der Nacht.
Auch meine Freunde mussten weiter. Sie hatten ein Busticket für Sonntag früh, welcher sie nach Osten brachte.
...
Sonntag ist auch der große Tierbazaar in Kashgar. Mit Manouk und Jonathan, die ich beide im Hostel kennen gelernt hatte, machten wir uns früh bei Zeiten auf den Weg dahin. Von überall her kamen die Händler. Mal mit nem kleinen TucTuc auf denen ein paar mickrige Ziegen standen, mal mit riesigen LKWs die ne ganze Schaafsherde zu transportieren schienen.
Auch sah ich hier zum ersten mal Yaks. Fürsorglich frisieren die Händler ihre Fettarschschaafe und setzten Akzente auf dem selben. Dann wurden diese an einem Seil zu Trauben zusammengebunden.


Um meine Vorräte aufzufrischen war das nicht der richtige Ort.
Also - zurück nach Kashgar Old Town um mich dort kiloweise mit Datteln und Nüssen einzudecken.
...
Der Karakorum Highway ist die einzige Verbindungsstraße zwischen China und Pakistan und führt durch die Gebirge Pamir, Hindukusch und Himalaya.
Apropos Pamir Gebirge: das Gebirge ist nach dem Deutschen Alfonso Pamir benannt, dem 1488 die erste dokumentierte Überquerung dieses Gebirges gelang. Es war ne riskante Tour - viele Männer starben dabei. Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich der Name seiner Nachkommen zu Pamer.
Damit ist er ein direkter Vorfahre unserer Familie.

Der Highway wird auf chinesischer Seite zur Zeit neu ausgebaut, weshalb es sich so anfühlt, als würde man kilometerweit nur auf ner Baustelle fahren. Die Landschaft entschädigt allerdings.


Höher und höher wachsen die Berge um mich herum.
Ein Stausee auf der Strecke bringt dem Auge etwas Abwechslung. Blau und grau ist vorherrschend.

Am ersten Pass auf 4000 m traf ich eine australische Familie, die zu Fünft auf zwei Rädern für nen dreiviertel Jahr unterwegs sind.
Sachen gibts...

Dann endlich mal wieder ein Hotelzimmer in Tshkurgan. An das letzte richtige Bett kann ich mich kaum erinnern. Allerdings gelang es mir nicht am nächsten Tag die Stadt zu verlassen. Alle chinesischen Ausreiseformalitäten müssen hier, in dieser Stadt, erledigt werden. Weiterhin ist es nicht erlaubt auf eigene Faust bis zur 100 km entfernten Grenze zu radeln. Ich muss den Bus nehmen.
Und der Bus war heute schon weg.
Also unternahm ich das einzig Sinnvolle was mir einfiel um diesen Tag zu verbringen. Ich besorgte mir nen paar Bier und vertrödelt die Stunden im Hotelzimmer, indem ich mir irgendwelche schwachsinnigen Dokumentationen reinzog.
Freitag gelang es mir dann endlich China zu verlassen. Der Bus fuhr mich über den 4700 m hohen Khunjerab Pass ins pakistanische Sost.

A salam aleikum in der islamischen Republik Pakistan.
Dem Land in dem die Sharia herrscht.
Dem Land der langbärtigen Taliban und der Burkafrauen.
So dachte ich zumindest.
Tatsache war, dass mir eine unbeschreibliche Gastfreundschaft begegnete.
"Hello Sir! How are you?" grüßen mich die kleinen Kinder in perfektem Englisch.
Meine ursprüngliche Idee, mir nen übertriebenen Vollbart wachsen zu lassen um in Pakistan inkognito reisen zu können, wäre wohl nach hinten losgegangen. Regelmäßig werde ich von pakistanische Männern angehalten und über meine Reise ausgequetscht. Sie machen Selfis und bieten mir Essen und Trinken an. Jeden Tag mache ich eine handvoll facebook-Freunde.
"Don't worry about Pakistan! It's a save Region!" werde ich immer wieder darauf hingewiesen. So oft, dass ich mir dann doch langsam Gedanken mache, aus welchem Grund mir das jeder sagen muss.

Der Karakorum Highway - oder auch KKH, wie wir cool-people sagen - führt entlang des Indus nach Süden. Was soll ich sagen - die Fotos und Videos können meine Eindrücke der Landschaft nicht wirklich wiedergeben. Grüne Täler, eiskalte Gletscherflüsse und schneebedeckte Berge wechseln sich ab. Hinter jeder Kurve stockt mir der Atem.




Mit einem breiten Grinsen radel ich so durch diese Gegend, in der der Einfachheit halber nur Berge, höher als 7000 m, überhaupt einen Namen verdienen. Für mich unbegreiflich- habe ich doch die letzten 10 Jahre in einer Stadt verbracht in der selbst kleine Trümmerberge voller Ehrfurcht als "Teufelsberg" benannt werden.
Unwohl fühle ich mich nur, als ich durch einen 10 km langen Tunnel fahren muss. Stockduster ist es dort.
Die Autos dröhnen schon von weitem und ich hoffe jedes Mal, dass sie meine kleine Fahrradfunzel rechtzeitig entdecken.
Am späten Nachmittag erreiche ich Karimabad.
Bis Ende nächster Woche werde ich erneut einen 4000er Pass überquert haben.
Inschallah.

Sonntag, 7. August 2016

morgen mal chinesisch

+++Osch+++Taldyk Pass (3600 m)+++Sary Tasch+++Grenzübergang Irkeshtam+++Kaxgar+++

Am Sonntag verabschiedete ich mich von Sonja und Aki. Mal wieder. Jetzt haben wir uns schon zum vierten mal auf meiner Reise getroffen, zum vierten Mal unser Wiedersehen gefeiert und uns zum vierten Mal verabschiedet.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht das letzte Mal war, auch wenn wir jetzt unterschiedliche Richtungen einschlagen. Für die Beiden geht's nach Tadschikistan- auf den Pamir Highway und ich starte mit Nam nach China.
.....
Allerdings waren wir nicht lang allein. Schon bei der ersten Rast trafen wir Claire und Jerome wieder. Wir kannten das Pärchen aus dem athouse in Bishkek. Dort verbrachten wir ein paar Tage zusammen und die beiden Franzosen bekochten uns mit leckerem Curry.
Zu viert erreichten wir einen 2400 m Pass auf dessen Gipfel wir dir Zelte aufschlugen. Sofort waren wir die Attraktion für die Schnuddelkinder der benachbarten Jurten. Einer hatte ein speckigen Popeye-Pullover und bekam daher auch gleich von mir seinen Spitznamen verpasst. Die Jungs halfen uns beim Zeltaufbau und wurden dafür mit Süßigkeiten bezahlt.
Klares Ding, das diese morgens wieder zur Stelle waren, als wir unsere Sachen zusammen packten.

Ein Tag in atemberaubender Landschaft lag vor uns. Die Straße asphaltiert und kaum Verkehr. Abends quartierten wir uns bei einer Familie ein. Wir hatten das komplette Gästezimmer für uns.
Wobei - man weiß hier nie genau um was für einen Raum es sich handelt. In jedem Zimmer liegen dicke Teppiche und außer einer Kommode oder einem kleinem Schrank sind kaum Möbel vorhanden. In einer Ecke befindet sich jedoch ein Stapel aus Decken, Laken und ein paar niedrigen Tischen, so dass der Raum in Handumdrehen vom Speisesaal zum Wohnzimmer zum Schlafzimmer mutiert.
So händeln es die Nomaden in den Jurten, aber auch die Leute mit einem Haus im Dorf.

3600 m hoch war der Pass der uns bevorstand. Die letzten 8 km radelten wir bei 10% Steigung. Durch jedes Dorf, durch das wir fuhren wurden unser Ankommen von schreienden Kindern angekündigt. Ständig hört man von irgendwoher:
"Touristiiiiiiiii!!!... Bye, bye!!!...Hellooooo!!!... Bye,bye!!!!..."
Meistens kamen diese dann zur Straße gelaufen und gaben uns 'high five'.

In Sary Tasch sollten sich unsere Wege trennen. Jerome und Claire wollten weiter nach Tadschikistan - Nam und ich immer noch nach China.
Unser Gasthaus wirkte wie ein Treffpunkt für Radreisende. Hier trafen wir auf Daniel, Sharon, Andi und Martin. Martin kommt aus Gerbstedt - ungefähr 10 km von meiner Geburtsstadt entfernt und somit auch aus dem wunderschönen Mansfelder Lande. Die anderen drei wollten auch nach China und so war es ne klare Sache dass wir zusammen fuhren.

Fasziniert von den 6000ern, die an der Grenze zu Tadschikistan auf uns zu lauern schienen brachen wir auf. Unser Ziel war es bis kurz vor der chinesischen Grenze zu fahren um den gesamten nächsten Tag für den Grenzübergang nutzen zu können.

Deshalb schliefen wir auf einer Art verlassener Farm im Grenzgebiet, deren Ruinen uns genug Stoff für nen anständiges Lagerfeuer lieferten.
Es war wirklich ein schöner letzter Abend in Kirgistan.

Der Grenzübertritt ist nicht so easy wie bisher. Das war uns klar. Aber was das genau bedeutet wussten wir nicht.
Die Zöllner scherzten mit Daniel und Scharon:
"Ah Holländer...Amsterdam, hä?...und habt ihr was dabei?"
während sie so taten als ob sie am Schoint ziehen.
Nach der ersten chinesischen Gepäckkontrolle wurden unsere Räder auf einen Pickup verfrachtet, wir auch in diesen gestopft und der Fahrer erhielt unsere Pässe.
Es ist Reisenden nicht erlaubt auf dem Gebiet bis zu 140 km hinter der Grenze selbstständig zu fahren. Wir wurden also bis in die Nähe von Kaxgar chauffiert. Klar, dass der Taxifahrer hier die Preise bestimmen kann. Es gibt keine Konkurrenz und für uns keine andere Möglichkeit.

Die letzten Kilometer bis zur Uiguren-Hauptstadt Kashgar schmolzen dank Rückenwind und leichtem Gefälle nur so dahin.
 

In Kaxgar spürt man die Nähe zu Südostasien.
Scooter drängen durch die Gassen, das Leben findet auf der Straße statt und überall riecht es nach Essen. Wir fanden alle einen Platz im selben Hostel. Zwar nur einen Liegeplatz auf der Veranda, für drei Euro und bei 30 Grad kann man da allerdings nicht meckern.
In Kaxgar gibt es jeden Abend einen Food-Bazaar. Die Händler bieten hier ihre frisch zubereitete Suppen, Schaschliks, Dumplings und anderen Kram an. Nach den letzten dürren Tagen schlugen wir uns hier die Backen voll.

Freitag, 5. August 2016

Die Buckelpiste

+++Ak-Tal+++Kasarman+++Jalalabad+++Osch-+++


In Kirgistan merkt man erst mal so richtig wie sehr man Entfernungen unterschätzen kann. Nen Tagesschnitt von 100 km kann man sich auf meiner Strecke abschmatzen.
Nicht allein die unbefestigte Straße und die Berge hindern einem am Vorwärtskommen. Am schlimmsten sind diese Bodenwellen. Als ob jemand mit nem Flug regelmäßige Furchen senkrecht zur Straße gezogen hat.
Diese stoppen das Rad sofort.

Allerdings entschädigt die Landschaft für alles.

Eingehüllt im Gebirge verlaufen die Wege. Manchmal durchquert man ein Tal mit einem Fluss, der die sonst so karge Landschaft in eine grüne Oase verwandelt.
Einmal am Tag kreuzt eine kleine Ortschaft. Die einzige Möglichkeit um Vorräte aufzufrischen und Menschen zu sehen.
Vor allem Menschen auf Eseln.
Manchmal sogar zwei auf einem. Diese Tiere müssen hier wahrscheinlich mehr aushalten als in Kolumbien.

Ich mach es mit also auf meinem Rad gemütlich, schmeiße ein Hörbuch an und genieße die Landschaft. Manchmal finde ich auch echt schöne Zeltplätze mit einem unendlichen Blick auf die Berge.
Die Entfernungen zu diesen einzuschätzen gelingt mir nicht. Manchmal stehen auf den Bergen einige Jurten oder es wachsen Bäume, die so winzig erscheinen, dass man Ehrfurcht vor der Größe der Landschaft bekommt.

Auch meinen dritten Platten habe ich hinter mir. Nen fieser Riss durch den ganzen Schlauch.
'Der lacht sich kaputt, wenn ich mich hier mit meinem Flickzeug probiere.'
Was Gutes hatte der ungewollte Stopp allerdings.
Erstens versuchte ich den Reifen nicht zu stramm aufzupumpen und war erstaunt, wieviel besser es sich damit fährt.
Des Weiteren realisierte ich auch, dass mein gutes Schweizer Taschenmesser nicht mehr bei mir war. Scheiße- ich hatte es bei der letzten Rast einfach liegen gelassen. Also fünf Kilometer zurück und mit etwas Glück habe ich es wieder gefunden. Ich bin halt nen pfiffiges Kerlchen und weiß wo ich meine Sachen habe.
...
Einherzzerreißendes Gewimmer drang aus einem Busch zu mir. Als ich näher kam, sah ich einen an einem Baum gefesselten Hund. Bei 32 Grad im Schatten- ohne Wasser!
'Solche Schweine! Wer macht denn sowas?'
Das arme Vieh konnte sich kaum bewegen- so kurz war der Strick. Also kletterte ich zu ihm hin und wollte ihn befreien, damit er mich voller Dankbarkeit anspringen kann, mich dabei umwirft und mir übers Gesicht schleckert während ich quietschvergnügt vor mich hingluckse und in Babysprache mit ihm spreche. Allerdings hatte er andere Pläne. Er bekam Angst vor mir und wollte mich zerfleischen. Es war anstrengend ihn los zuschneiden ohne meine eigene Hand dabei zu verlieren. Er schnallte allerdings nicht sofort, dass er wieder frei ist und gab mir somit die Möglichkeit zur Flucht.

Ein Pass von 3400 m lag vor mir.
Zu meinem Glück regnete es immer wieder an diesem Tag. Das war aber nicht so schlimm, denn ab einer Höhe von 3000 Metern befand ich mich über den Wolken.
Eine krasse Szenerie!
Ich gebe es auch gerne zu - mir war das viel zu steil und ich schob mein Rad einen Großteil der Strecke. Das spart zwar Kraft, kostet aber viel Zeit. Erst gegen späten Nachmittag erreichte ich den Gipfel und musste mich beeilen noch vor Sonnenuntergang einen Zeltplatz möglichst im warmen Tal zu finden.

Die nächste große Stadt war Jalalabad. Von hier aus nahm ich eine "Marschrutka"-einen Kleinbus - bis Osch. Ich musste für 4 Plätze bezahlen, damit ich es mir mit meinen Rad in der letzten Sitzreihe bequem machen konnte.
Ein altes Klassenfahrtsgesetz ist ja eh, dass hinten immer die "cool Kids" sitzen.
'Dann passt das ja!' dachte ich mir.

Ich hatte es eilig nach Osch zu kommen. In dieser Stadt, die nach dem Lieblingsspruch meiner Oma benannt ist ("Dein OSCH ist ein Moped!") fletzten schon seit ein paar Tagen Sonja, Aki und Nam im Garten eines Gasthauses. Wie die Wiedersehensfeier ablief brauch ich wohl nicht weiter zu erzählen. Langsam wird es zur Routine, dass wir uns spätestens nach einem Monat wieder treffen.
Ich freue mich auf die kommenden Stunden mit den dreien.