Samstag, 4. Juni 2016

Die Steppe kommt näher

+++Wolgograd+++Baskuntschak+++Astrachan+++

Ok... ich werde versuchen mich diesmal nicht über diese Fliegenplage aufzuregen. Zumindest nicht viel.
Liebe deine Feinde ... und so..

Mit nem leichten Sonnenbrand erreichte ich Wolgograd, früher Stalingrad. Im Sommer ist es hier ziemlich heiß, im Winter sind -30 Grad keine Seltenheit. Ist ja auch aus dem Geschichtsunterricht bekannt. Ab -24 Grad bekommen die Kinder "Kältefrei".

Ich verbrachte eine tolle Zeit mit meinen Couchsurfingfreunden. Abends saßen wir bei Bier am Flußufer und hörten K.I.Z. (Lustigerweise hatten SIE das in ihrer Playlist)
Tagsüber schlenderten wir durch Wolgograd. Nen Panorama zeigt eine Illustration der großen Schlacht und das angehangen Museum ist voller Waffen und Ausstellungsstücke aus dieser Zeit.
So voll wie die Stadt voller nervtötender Fliegen ist. Die Anwohner brechen sich kleine Zweige ab und schlagen sich damit ins Gesicht um dieses Viehzeug zu vertreiben. Das hilft tatsächlich! Der einzige Nachteil daran, sich ständig nen Ast ins Gesicht zu peitschen, ist- man hat ständig nen Ast im Gesicht!


Als Wahrzeichen Wolgograd thront die "Mutter Heimat" Statue. Sie erinnert an den Sieg Russlands über den Faschismus. Allerdings droh dieses Monument - groß wie die Freiheitsstatue - umzufallen, wenn es nicht bald restauriert wird.
Am Flußufer steht das beeindruckendste Denkmal an den Krieg. Die Ruine einer bombardierten Mehlfabrik. Das Haus bringt einem den Schrecken des Krieges näher, als alle anderen Denkmäler mit "ewiger Flamme", Panzern, Flugzeugen oder Abbildungen im Sozialistischen Realismus, die man alle Nase lang in Russland findet.
Mein persönliches Highlight sind die kleinen LADAs, deren Pastelllack stets gut gewienert ist.

Dienstag war Aufbruch in Richtung Astrachan. Die Landschaft gab mir einen Vorgeschmack auf die Steppe, die mich in Kasachstan erwartet. Ich versuche immer hinter ein paar Bäumen zu zelten, so dass mein Lagerplatz von der Straße aus nicht einsehbar ist. Das wird langsam schwierig. 

Jeden Morgen donnern Kampfjets über die Steppe.
Hab ich was verpasst?
Ihr würdet mir doch Bescheid geben!

Apropos Kampfjets - die Luft ist natürlich auch voller Fliegen.
Voller dämlicher Scheißfliegen. Allerdings bin ich nicht unbewaffnet. Ein Rucksack voller Chemie und ein frischer Imkerhut bewahren mich vor dem Schlimmsten. Wie ein Alien kostümiert baue ich so jeden Abend mein Zelt auf, schmeiße in Sekundenbruchteilen alle Sachen von mir auf denen diese dämlichen Biester kleben und husche ins Zelt. Verriegele alle Reißverschlüsse. Nach einem zehn minütigen Kampf gegen die Tiere die es doch noch hereingeschafft haben, habe ich endlich meine Ruhe. Friedlich bette ich mich auf den Leichen. Allerdings kann ich das Zelt bis zum Morgen nicht mehr verlassen.
Draußen droht die Invasion. Wie Regengeprassel trommeln sie an die Zeltwand.
....
Aber ich will mich ja da nicht drüber aufregen.

Ganz nebenbei hab ich noch ne echt brauchbare Medizin gefunden. Nen frischer Tee aus diesen Kräutern am Straßenrand vertreibt zwar nicht die Fliegen, sie sind einem aber anschließend egal.


Nen kleiner Umweg brachte mich zu einem riesigen Salzsee. Viel salziger als ich das von nem Salzigen See kenne. Diese lebensunfreundliche Umgebung war dann mal fliegenfrei. Der salzige Boden wirkt wie ein Peeling und hilft gegen den Juckreiz - wurde mir gesagt.
Ich glaub mein Rad fand es nicht so toll.

So trostlos die Landschaft entlang der Wolga aussieht, steckt sie doch voller Leben. Neben allerhand Echsen, Fröschen und Schlangen sieht man ab und an auch Schildkröten. Kleine hysterische Erdmännchen warnen ihre Artgenossen, wenn man an deren Bau vorbei radelt um dan blitzschnell in einer Höhle zu verschwinden. Überall laufen Kühe und Pferde herum. Ohne Zaun und ohne Hirte. Die Straße ist so gerade und das Gelände so eben, dass man schon von weitem sieht, ob da gerade ein Schwarm Kühe die Straße kreuzt.

Der Grenzübergang bei Astrachan ist die südlichste Möglichkeit um von Russland nach Kasachstan einzureisen. Deswegen war es auch nicht verwunderlich, dass mich eine Frau in einem Geschäft mit:
"Ach du bist auch Deutscher..." begrüßte
"Auch?"
"Vor 4 Tagen war schonmal einer hier. Er war mit dem Rad unterwegs."
Heinrich traf ich dann gestern in Astrachan. Zufällig war er mit seinen Gastgebern auf den Straßen unterwegs, als ich Ihnen in die Arme fuhr. Sie begleiteten mich zum Hostel. Ich checkte ein, duschte und traf sie wieder bei nem Bier auf der Straße. Inzwischen war da eine Meute von 10 Radfahrern vor dem Hostel. Kein Wunder, dass die Polizei später etliche Rahmennummer kontrollieren wollte.

Auch ein anderer Radfahrer kam mir entgegen.
"Where are you from?" fragte ich.
"Austria."
"Ach krass, ich bin auch Deutscher!"
"Ich bin Österreicher!"
... es wurde nur nen recht kurzes Gespräch. Was ist nur mit diesen Alpenbewohnern?

Ziemlich cool fand ich die Jungs auf Ihrer JAVA. Sie kamen aus der Slowakei und waren unterwegs in die Mongolei. Alle möglichen Sachen bammelten an ihrem Hobel. Zusätzlich hatten sie noch nen Anhänger. Bis jetzt gab es kaum Probleme mit Ihren Mopeds.
Warum nicht?

Die Gegend vor Astrachan sieht aus wie Dresden 2002. Riesige Wasserflächen aus denen vereinzelt ein Baum empor ragt. Hier beginnt das Wolgadelta.

Am Montag werde ich zusammen mit Heinrich nach Kasachstan aufbrechen. Heute treffe ich mich nochmal mit ihm und den Radfahrern von gestern.
Soweit von mir.

1 Kommentar:

  1. Ich habe Tränen gelacht. Wie du mit dem Imkerhut ausgesehen hast :D
    Hast du mit Heinrich deinen Geburtstag gefeiert? Wir fragen uns,wann du endlich mal wieder ein Mambe trinken kannst.
    Viel Spaß noch,chrissibär. Wir denken an dich!

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