Mittwoch, 29. Juni 2016

Die Wüste

+++Lake Qamystybas+++Baikonur+++Qysylorda+++

Diese Woche bin ich nen bisschen spät dran mit meinem Eintrag. Oft hatte ich kein Internet bzw ist der Akku vom Tablet runter und es gibt kaum Möglichkeiten diese unterwegs aufzuladen, wenn man die Nächte nur im Zelt verbringt. Also macht euch keine Sorgen, wenn die Einträge zukünftig nicht pünktlich zum Tatort online sind.

Schweren Herzens mussten wir unsere idyllische Hütte am See verlassen. Es lagen noch 660 km bis Shimkent vor uns. 660 km größtenteils Wüste.


Man muss ziemlich aufpassen immer genügend Wasser dabei zu haben. Teilweise schleppen wir so um die 10 Liter mit uns rum. Jeder.
Eigentlich kommen spätestens alle 70 km nen Kaffee, wo man sich neu eindecken kann- verlassen wollten wir uns darauf allerdings nicht. Ein einziges Mal hatten wir sogar Glück und trafen mitten im Nirgendwo eine Familie die an einer Bushaltestelle ne Tiefkühltruhe aufstellte und dort kalte Getränke und Eis verkaufte.


Mehrmals am Tag wurden wir von vorbeifahrenden Autos gestoppt, mussten Fotos machen und die obligatorischen "Wohin?"-"Woher?" Fragen beantworten. Wir nutzten die Gelegenheit und fragten immer wie weit es bis zum nächsten Kaffee sei.
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Alik machte, trotz seiner 76 Jahre, einen kleinen Freudensprung als wir ihm erzählten, dass wir aus Deutschland kommen. Er sagt von sich selbst, er ist der Einzige im Umkreis von 200 km der deutsch sprechen kann. Und das konnte er ziemlich gut.
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Jeff kam uns mit seinem Rad aus Richtung Shimkent entgegen. Er ist Amerikaner und ist schon seit Juli 2015 unterwegs. Er will sich die Auswirkungen der globalen Erwärmung anschauen. Da ist er in Aralsk genau richtig. Das Wasser ist soweit zurück gegangen, das die Stadt nunmehr 60 km vom Ufer entfernt ist. Aus einer Hafenstadt wurde Wüste. Schuld daran ist der übermäßige Anbau von Baumwolle in Usbekistan. Die Pflanzen benötigen Unmengen an Wasser, das von einem Fluss abgezweigt wird, der den Aralsee speist. Aber auch in Kasachstan haben wir viele Bewässerungskanäle gesehen, die riesige Sumpflandschaften entstehen lassen auf denen Schilf wächst. Dieses wird geerntet und an die Tiere verfüttert.
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An einem Kaffee trafen wir ein paar neugierige Jungs. Sie posten mit ihrem Rad und begutachteten unsere. Auch mein Freunde-Abschieds-Lappen wurde inspiziert. Es ist ein Geschenk meiner Berliner Leute auf denen Fotos von ihnen sind.
Beim Bild von Paul stutzten sie und stellen fest, dass man mit so nem Irokesenschnitt nicht mehr rumlaufen sollte.
Sie meinten irgendwas mit "...infantiler Scheiße..."


Viele Pferde trabten durch die Steppe und auch Kamele und Kühe standen am Straßenrand. Aus der Ferne freuten wir uns auf die Bushaltestellen, die uns Schutz vor der Sonne versprachen. Oft waren diese allerdings schon besetzt und vollgeschissen. Auch direkt am Zelt fanden wir interessante Tiere. Ein Skorpion warf in mir die Frage auf, wie ausgesprochen clever es eigentlich von mir ist hier mit Flip-Flops rumzulaufen. Auch die Spinnen und Heuschrecken wurden immer größer.

Ich glaube es war Mittwoch als wir durch Baikonur fuhren. Die Stadt und das Gelände des Cosmodroms gehören zu Russland. Diese haben es nach dem Zerfall der Sovietunion von Kasachstan gepachtet. Demzufolge war es für uns nicht möglich sich die Abschussrampe anzuschauen. Nur von der Straße aus gelangen uns ein paar Aufnahmen. In Sichtweite der Radarstationen schlugen wir unser Zelt auf. Am Horizont sah man schon den herannahenden Sturm. Ich musste schnell mein Zelt abbauen und in einer geschützten Grube wieder aufstellen, da der Wind es beinahe zusammen gefaltet hatte. Jetzt weiß ich allerdings, dass meine Zeltstangen nicht brechen, sondern sich nur verbiegen.

Die Nacht erreichte ihren Höhepunkt als ich merkte, dass mir sauübel wurde und ich mich vorm Zelt komplett entleerte.
Mehrmals.
Geschwächt waren die 100 km am nächsten Tag nicht so einfach abzuradeln. Nach zwei Tagen gings aber wieder ganz gut.

 
Ende der Woche waren es hier 38 Grad im Schatten. Also, theoretisch. Es gab nämlich nirgends Schatten. Wir wickelten uns Tücher um den Kopf und wässerten diese ständig damit uns nicht das Gehirn wegschmolz.
Die Luft flimmerte.
Heiße Böen erwischten uns. Ich konnte das Knacken der Leitplanken hören, die sich unter der Hitze ausdehnten. Der Asphalt war so heiß, dass die Luft darüber einen Spiegel ausbildete. Wir kamen kaum voran und hatten bis zum späten Nachmittag gerade den halben Tagessoll abgefahren. "Ach Scheiß drauf! Wir fragen jetzt nen LKW-Fahrer, ob er uns mitnimmt." Das ging ziemlich einfach und so hatten wir die fehlenden 40 km im Nu.


Hier findet ihr die Blogeinträge von Sonja, Aki und Heinrich, als wir zusammen unterwegs waren:
Grenzenlostour - die Radkarawane von Ryzan
Bike-Russia - Astrachan und Zufälle
Bike-Russia - Asien
Bike-Russia - Zugfahrt durch Kasachstan  

1 Kommentar:

  1. Dachten schon, du bist in der Wüste verschollen. Kein Report von Chrischan, daß geht nicht!!! Gut, daß es dir wieder besser geht und du deine Tour fortsetzten kannst. Bis bald können wir ja leider noch nicht schreiben.

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