Samstag, 16. Juli 2016

Der UFO-See

+++Karakol+++Cholpon Atta+++

Ne ziemlich faule Woche liegt hinter mir. 300 km in 7 Tagen. Naja, ich muss halt nen bisschen Zeit schinden, bis ich meinen Pass in Bishkek abholen kann. Das Visa wurde mir erteilt- jetzt sind die Papiere auf dem Weg zurück nach Kirgistan. Per Express versteht sich. Bis jetzt hat mich dieser Chinavisumsspaß über 300 Euro gekostet - oh man!
Aber wenn alles klappt, will ich mich gar nicht beschweren.

Die Tage waren also ziemlich entspannt- meistens lümmelte ich bis mittags im Zelt rum, hatte nen ausgiebiges Frühstück, blätterte in meinem Buch oder beobachtete den See.


Wie jeder Gebigssee hat auch dieser seine Mythen. Nicht allein die mysteriösen Funde von riesigen Wesen in  Silberanzügen sind gruselig (hier) 
auch die Berichte von nem UFO Absturz in den 90ern sind nen spannendes Ding - nein ich habe nicht zu viele merkwürdige Hörbücher in letzter Zeit gehört!
Angeblich stürzte in den Bergen solch ein Flugobjekt ab, nachdem es sich mit 7000 km/h vom kaspischen Meer entfernte. Ein Jahr später gelang es Forschern das Objekt zu fotografieren, allerdings stellte sich später heraus, dass die Fotos überbelichtet waren. So ein Ärger. (Shaitan Mazar)
Kann aber auch alles nur Quatsch sein und hat vielleicht mal wieder was mit der speziellen Flora und deren Wirkstoffen hier am See zu tun.


In Karakol hatte ich das Glück bei Nuri und ihrer Familie wohnen zu dürfen. Sie wohnt in den Semesterferien bei ihren Eltern um diese in ihrem Geschäft - eine viel besuchte Bäckerei auf dem Bazar- zu unterstützen. Mit nur vier Kindern ist es eine kleine Familie. Solch eine Gastfreundschaft ist unbeschreiblich. Am Tisch bekam ich immer die größten Portionen und Tee-flatrate. Es war mir schon ein wenig unangenehm so umsorgt zu werden. Erst als ich aufhörte meinen Teller leer zu essen und den Tee auszudrinken hörte das Mästen auf.

Karakol ist ein beliebter Ausgangspunkt für tagelange Wanderungen ins Gebirge. Also startete auch ich mit dem Rad eine Eintagestour. Mit dem Rad bin ich ja schneller als zu Fuß und komme bestimmt bis zu den Heißen Quellen am Ende des Tales. Dachte ich. Fuchs wie ich bin. Allerdings war der Weg auf weiten Strecken so steinig, dass ich mein Rad nur schieben konnte. Als ich Rast machte kam mir ein Pärchen entgegen.
"Ey - wir kennen uns doch!"
"Ja?"
"Klar! Wir standen gemeinsam an der litauisch/russischen Grenze."
Sie hatten Recht. Das ist zwar mehr als zwei Monate und 4000 km her, aber ich erinnerte mich an die beiden Franzosen, die mit ihrem SUV ihre Flitterwochen auf dem Weg in die Mongolei verbringen wollten. Im Gegensatz zu mir sind sie damals allerdings nicht über diese Grenze gekommen, weil sie sich geweigert hatten die russischen Beamten mit 200 Euro zu schmieren.
Solch eine kleine Welt!

Mir wurde klar, dass ichs nicht mehr zu den Quellen schaffen würde. Also konzentrierte ich mich mehr darauf einfach die Natur zu genießen und noch nen paar ausgebige Pausen zu machen. War ja auch irgendwie mein Ruhetag.
Die Landschaft ist einfach atemberaubend. Fast so schön wie in Minecraft.

Am nächsten Tag gings weiter auf meiner Tour um diesen riesigen See. Immerhin der zweitgrößte Gebigssee der Welt. Die Zeltplatzsuche gestaltete sich nicht so einfach wie am Südufer. Hier war der Strand meißt dicht bewaldet und durch eine Sumpflandschaft von der Straße getrennt. Mehrmals versuchte ich mich zum See vorzuschlagen musste aber immer abbrechen, weil ich nicht weiter voran kam.
Es wurde langsam dunkel und die Zeltoptionen nicht besser. Ich entschied mich für ein kleines Waldstück nahe einer Wiese. Ich wusste nicht, das hier am Morgen die Hirten ihre Mühe auf diese Weise treiben würden und so wurde ich gegen 7 Uhr von nem herangaloppierende Jungen geweckt. Er war ungefähr 9 Jahre und wollte alles genau wissen. Ich musste ihm mein Rad erklären, die Uhr, die ich am Lenker festgemacht hatte und welches Handy ich habe.
Er wollte die Uhr.
"Nein, die brauch ich noch. Das ist ein Erinnerungsstück."
Ich kramte stattdessen ein paar Bonbons für ihn hervor. Mittlerweile versammelten sich noch zwei weitere Reiter samt Hunden vorm Zelt.
Um 7!!!
Ich wollte noch schlafen!!!
Der Stift inspizierte die Bonbons, wickelte einen aus und versuchte ihn an das Pferd zu verfüttern. Das wollte aber nicht und ließ sich auch nicht verarschen als er etwas Gras um die Süßigkeit wickelte. Dann schmiss er es eben dem Hund hin. Der fraß es sofort- argwöhnisch den Gaul beobachtend, ob er es sich nicht doch noch anders überlegt. Hunde können da nicht anders.
Na gut, die Nacht war vorbei. Ich machte mich daran meine Sachen langsam zusammen zu packen. Aus dem Augenwinkel sah ich meine Uhr in der Hosentasche des Jungen verschwinden.
Ich sprang zu ihm hin:
"Du kleines Mistaas!! Ich glauwe es hackt! DIE UHR RAN!!!"
Mit einem Mal verstand er Mansfeldisch. Ich nahm ihm die Uhr ab.
"Verschwinde!"
Ich hoffe er fällt vom Pferd und bricht sich das Genick - noch vor seinem zehnten Geburtstag.
Der spinnt ja wohl...

Seitdem passe ich noch ein bisschen besser auf meine Sachen auf. Aber mein Verhältnis zu den Kirgisien bleibt unbeschadet. Am gleichen Tag traf ich noch einige nette Leute und mir war klar, dass solche Vorfälle hier wohl eher die Ausnahme sind.

Der nächste Zeltplatz wurde dafür um so besser. Direkt am Strand, geschützt von einem großen Strauch. Nebenan gingen Menschen und Kühe baden.

Cholpon Atta ist das Phuket des Issyk Kul Sees. Wo sich auch immer in der Welt eine wunderschöne Natur zusammen mit glasklaren Wasser befindet gibt es eine Stadt mit angrenzendem Flughafen und riesigen Hotelanlagen.
Das ist Cholpon Atta. Hier finde ich alles was ich bis jetzt vermisst habe: Paragliding, Banana boat, Hüpfburgen, Schießbuden und Karaoke.
Trotzdem verbringe ich hier einen ganzen Tag. Nicht zuletzt des guten Essens wegen. Morgen geht's allerdings wieder zurück nach Bishkek, um das Visa abzuholen.



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